home | about | trailer | press | gallery | director | team | contact | news
Austria 2013
Impressum

Die Website zu "Heimatfilm" und dem Pilotfilm "das Haus meines Vaters" von Ludwig Wüst
"Heimatfilm" wird gefördert von .

ABSCHIED

A visit between girlfriends is captured in real-time: sparkling
wine, cigarettes and a lack of communication that is implicitly
humorous. Suppressed feelings reach their tipping point and
burst forth when triggered by something seemingly peripheral,
which poses a genuine emotional test. Parallel to this, the
camera proceeds to close in on the scene and the protagonists
in a near imperceptible zoom. Coming to terms with one’s past
as a structurally composed, cinematic experiment. Consistent,
raw, compelling.

Wenn sich tief verborgene Abgründe im Alltäglichen Bahn
brechen, ist Ludwig Wüst in seinem Element. Abschied konfrontiert
seine Protagonistinnen mit einem nicht verarbeiteten
Verlust, dessen Erinnern ein Weitermachen im Normalen
zwischenzeitlich verunmöglicht. Der Inhalt bedingt die Form,
und so zieht sich der Fokus der Kamera zusammen wie die
sprichwörtliche Schlinge um den Hals: Beinahe zwei Drittel der
Filmlänge verharrt das Bild in einer einzigen Einstellung, in der
ein kaum wahrnehmbarer Zoom den Film- und Handlungsspielraum
der Protagonistinnen beständig verengt.
Dabei beginnt alles als harmloser, latent ins Komische tendierender
Freundinnenbesuch in Echtzeit: Sekt, Zigaretten, Austausch
von Neuigkeiten. Dass die beiden Frauen beim hölzernen
Versuch, das Gespräch voranzutreiben, in immer neuen Smalltalk-
Sackgassen landen, nährt bereits frühzeitig den Verdacht
drohender emotionaler Eskalation. Vieles scheint unausgesprochen,
befindet sich im endlosen Raum des Außerhalb,
für den Wüst mit seiner strengen Einstellungskomposition ein visuelles
Äquivalent ersinnt: Souverän bespielen die Schauspielerinnen
den gesamten Wohnraum, agieren und kommunizieren auch
über die Begrenzung des Leinwandbildes hinaus.

In diesem Szenario tendenzieller Unruhe genügt eine vermeintliche
Nebensächlichkeit, um lang unterdrückte Erinnerungen zu
triggern. Das Vergangene erwehrt sich des Akts des Verdrängens
und wird in einer schmerzhaften Nacherzählung wiederbelebt.
Wenn sich das Kammerspiel alsdann in die Außenwelt ausbreitet,
korrespondieren Aufnahmen von Baustellenbrachen und
Industrieüberbleibseln mit der vorherrschenden Atmosphäre
von Isolation und Aus-der-Zeit-Treten. Vergangenheitsbewältigung
als strukturell komponierte filmische Versuchsanordnung.
Konsequent, roh, einnehmend.
Diagonale, Graz, März 2014

Herausragend.
Matthias Greuling, Wiener Zeitung, 21. März 2014

Wüst lässt seine beiden furchtlosen Darstellerinnen
(Claudia Martini und Martina Spitzer) erst eine emotional eskalierende,
knapp einstündige, ungeschnittene Szene im Inneren einer Wohnung spielen,
um in einer Art Coda buchstäblich das Weite zu suchen.
Stefan Grissemann, Profil, Wien, 24. März 2014

Eine großartige Claudia Martini in der Hauptrolle.
Walter Gasperi, Kultur-Online, Graz, 21. März 2014

Meisterstück.
Michael Omasta, Falter, Wien, 10. September 2014

Alles beginnt als harmloser Freundinnenbesuch in Echtzeit
und endet in einer emotionalen Eskalation.
ORF.at, Graz, 14. März 2014

Die Zoombewegung, die währenddessen kaum merkbar abläuft und Michael Snows Avantgardefilmklassiker Wavelength Reverenz erweist, korrespondiert jedoch bald mit einer Intensivierung der Gefühlslagen.
Dominik Kamalzadeh, Isabella Reicher, Der Standard, Graz, 20. März 2014

Martinis eindringliches Spiel konterkariert Regisseur Ludwig Wüst durch die Strenge extrem langer Einstellungen. So strapaziös wie berückend.
Ute Baumhackl, Nina, Müller, Julia Schafferhofer, Kleine Zeitung, Graz, 21. März 2014

Eine beklemmende Kamerasprache, die die innere Zerrissenheit der beiden Freundinnen fast schon unerträglich spürbar macht.
Matthias Greuling, Celluloid, März 2014

Ein OKTO-Interview von Lukas Maurer mit Ludwig Wüst zu seinen Filmen ABSCHIED und TAPE END findet sich unter diesem Link.
Wien, 19. Jänner 2014

The women’s real-time conversation isn’t the only stylistic quirk of this experimental and extremely raw picture.
Karlovy Vary IFF, July 2014

Zwei alte Schulfreundinnen im Gespräch. Im Small-Talk-Geplänkel, das Nähe vortäuscht und doch nur die Distanz umso deutlicher macht, geht die Kommunikation ins Leere. Die beiden umkreisen einander in einer ebenso komischen wie bedrückenden Szene, spielen für sich und die andere jene Rollen, die ihnen ihre jeweiligen Lebensentwürfe aufdrängen – bis zu dem Moment, in dem eine alte Verletzung in einem gewaltigen Monolog aufbricht.
Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, mit den eigenen Emotionen und dem durch sie definierten Handlungsspielraum überträgt Ludwig Wüst in eine gewohnt reduzierte und kompromisslose filmische Form: Ein zwei Personen-Ensemble, beobachtet in Echtzeit und einer sich langsam verengenden Einstellung, die den Personen mit zunehmender Emotionalität im wahrsten Sinne des Wortes den Raum nimmt. Man kann es aber auch so sehen, dass der Raum des Filmbildes gesprengt wird, denn auf den emotionalen Ausbruch folgt auch der formale Bruch. Der räumlichen Verdichtung folgt die Offenheit des urbanen Raums, dem zwanghaften Mitteilungsdrang ein sprach- und zielloses Wandern. Und wie die Protagonistin einen neuen Standpunkt im eigenen Leben sucht, so sucht sich der Film eine andere Form.
Die Fortsetzung eines filmischen (Lebens)Experiments, das Ludwig Wüst seit Jahren betreibt – wie immer außergewöhnlich.
Barbara Pichler, Direktorin der Diagonale, Graz, Juli 2014

Claudia Martini ... spielt diese Tour de Force gewohnt furchtlos.
Andreas Ungerböck, Ray, September 2014

[Die Filme] demonstrieren Wüsts unheimliche Fähigkeit, mit wenigen (bravourösen) Darstellern und geringsten Budgets äußerst dichte, emotional fordernde Raum-Zeit-Erfahrungen zu gestalten.

[The films] demonstrate Wüst's uncanny skill to compose with a few (brilliant) actors and smallest budgets extremely dense, emotionally demanding space-time-experiences.
Filmmuseum, Vienna, August 2014

Besuch bei einer Freundin auf eine Flasche Wein, Zigaretten und Smalltalk, der immer wieder in Sackgassen versickert: ein normaler Nachmittag, bis plötzlich, über Nebensächlichkeiten, Verdrängtes hervorbricht, mit der ganzen Heftigkeit spontaner Verzweiflung, in einem langen Schmerzensmonolog vom Verlust. Als Tribut an Michael Snows Klassiker Wavelength lässt Ludwig Wüst diese Szene als einstündige Einstellung einer Wiener Wohnung im Würgegriff des Zooms verlaufen: Der Bildausschnitt verengt sich kontinuierlich, die beiden Figuren überschreiten Grenzen – bevor die eine ins Freie entlassen wird und in einer geisterhaften Coda ihren einsamen Weg durch Bars, leere Kinos und Brachlandschaften der Stadt zieht. Ein moderner Film vom Aufbrechen in jeder Hinsicht, bravourös gespielt und mit gebotener Knappheit in Szene gesetzt: ein weiterer Schritt in der bemerkenswerten Serie von Wüsts starken spirituellen Exerzitien.
Christoph Huber, Filmmuseum, Wien, August 2014

Man kann sehen, wie sehr der Cinephile Wüst sich ... auf das Kino Antonionis, Sokurovs, Chris Makers und die Home-Movies von Robert Frank bezieht.
Stefan Grissemann, Profil, Wien, 7. September 2014

Ludwig Wüst macht Filme über Zeit. Verlorene Zeit, wiedergefundene Zeit, Zeit die kommt, Zeit die geht, Zeit die gibt, Zeit die nimmt, Zeit, die uns in Abgründe stürzt und wieder aus der Taufe hebt, Zeit die wirkt und waltet und immer währt: Das Allseiende, das Allbestimmende. Sein stetig wachsender Werkkorpus ist durchzogen von Vanitas-Motiven und Menschen, die mit Verlust konfrontiert sind – diesem ultimativen Index von Zeit- und Sterblichkeit – aber ebenso vom Glauben an die restaurative Kraft von Erinnerung und Eingedenken. Immer ist es eine Abwesenheit – oft ein traumatisches Ereignis – die den Kern der Erzählungen bildet und die Figuren in Gemütsbewegung versetzt. Vergebung (Zwei Frauen, 2006), Versöhnung (Koma, 2009), Verderben (TAPE END, 2011), Vergessen (Pasolinicode, 2011), Versäumnis (Das Haus meines Vaters, 2012): Vergangenheit und Zukunft sind die Gegenwart dieser Filme, Dauer ihr Formprinzip. ...
Seine jüngste Arbeit mit dem programmatischen Titel Abschied ... ist das vielleicht schönste, intensivste und formal gewagteste Zeit-Bild des konsequent unabhängigen Regisseurs.
Zum ausführlichen Text hier.
Andrey Arnold, Jugend ohne Film, 15. September 2014

Eigenwilliges Experimentalwerk.
Stefan Welzel, Prager Zeitung, Karlovy Vary, 3. Juli 2014



DAS HAUS MEINES VATERS

[The] moral winner in Karlovy Vary. ... Exact in tone, timing and length. ... with My Fathers's house I can just bow for the filmmaker and his masterpiece.
Freddy Olson, Bokomotiv, July 2013

This is, for all its simplicity, a little gem.
A woman brings a cup of coffee to a man sleeping in his car. All is quiet, but there is a sense of uncertainty in the air. What does these two people have in common? They obviously go way back and we gradually find out that he is about to clear out his father's house. Beautifully shot and simply but wonderfully acted, Ludwig Wüst's film is evocative and rich in atmosphere, in an unusually good way. The man and the woman talk about the things around them. She gets his old bike. It's rare to see such an enjoyable film that holds a whole life but remains unencumbered by unnecessary detail.
Freddy Olsson, Göteborg IFF, Stockholm, 2014

Der vielleicht schönste Film des Festivals (Hofer Filmtage).
Rudolf Worschech, epd film, Berlin, Dezember 2013
Poète maudit Ludwig Wüst dringt in "Das Haus meines Vaters" in ein Drama ein,
das tief unter der Haut einer Alltagserzählung, gleichsam in der Finsternis der Vergangenheit verborgen liegt:
ein unaufgeregter, auch gnadenloser, sehr genau inszenierter Film, getragen von einem außerordentlichen Darstellerpaar: Nenad Smigoc und Martina Spitzer.

Poète maudit Ludwig Wüst enters into a drama, that lies deep under the skin of an everyday story, as if it was buried in the darkness of the past: an unexicted, exigent, very precisely directed film, carried by an extraordinary couple of actors: Nenad Smigoc and Martina Spitzer.
Stefan Grissemann, Profil, Wien, März 2013

Mit Handkamera in einer beinahe durchgängigen Einstellung gefilmt, kommt jedem Riss in der Mauer und jeder Gesprächspause eine unmittelbare Bedeutung zu. Ungeschönt und gnadenlos wird das Dreieck Mann, Frau, Haus beleuchtet, ohne dass sich jemand verstecken könnte. Unaufgeregt erzählt dieser kleine Film von den großen Themen Einsamkeit, Herkunft, Verdrängung und Neubeginn und schafft es, im positivsten Sinn nachdenklich zu machen.
Sonia Neufeld, ORF.at, Graz, 14. März 2013

Man könnte Wüst als einen Experimentalfilmer mit der Spielfilmform bezeichnen, und zwar in einem Sinn, der dieses Wort sehr konkret nimmt: Er stellt das Erzählen auf das Spiel, nicht auf das Spiel eines auktorial waltenden Regisseurs, sondern auf das Spiel von Leuten, die er mit Rollen betraut, und um die herum er den Apparat des Kinos so beweglich und konzentriert wie möglich hält.
Bert Rebhandl, Cargo, 9. September 2014

Gefilmt ... wie aus einem Guss. ... behende Kamera von Klemens Koscher.
Michael Omasta, Falter, Wien, 10. September 2014

Ein Mann schläft im Auto. Eine Frau bringt ihm Kaffee. Ludwig Wüsts Spielfilm "Das Haus meines Vaters" beginnt abrupt und lässt sich Zeit zu erzählen, wie die beiden zueinander stehen, was den Mann und seinen Mercedes in der blühenden Wiese hat stranden lassen und warum er den lachenden Sommer nicht sieht.

"Das Haus meines Vaters" ist in Realzeit gefilmt, das heißt: Die 65 Minuten gefilmter Zeit entsprechen lückenlos dem Zeitraum, den sie darstellen. Gedreht wurde in langen Einstellungen. Gefühltermaßen gibt es kaum eine Handvoll Schnitte. Und trotzdem ist die Erzählung eine einzige große Ellipse, indem sie eine Vergangenheit umkreist, die nach und nach als Gespenst des Hauses aus dem Titel spürbar wird. Denn Andi ist in das Dorf seiner Kindheit zurückgekehrt, um mit dem Haus des verstorbenen Vaters abzuschließen – und mit allem, was sich darin abgespielt hat. 

Die ruhige Handkamera zeigt die Autofahrt von Mann und Frau, den Gang durch die niedrigen, staubbedeckten Räume und das Gespräch auf der Terrasse. Dabei scheint das Bild zu atmen, wie eine zusätzliche, unbenannte Präsenz: Vielleicht lauert hier die alte Liebe der beiden, vielleicht ein Alptraum aus Andis Jugend. Martina Spitzer und Nenas Smigoc improvisieren nach einem Drehbuch von Ludwig Wüst. Ihre Körper und Blicke erzählen von zwei Wahrnehmungen, die sich auch auf engstem Raum nicht treffen: Die der Frau, deren Verliebtheit nach Jahrzehnten noch in der Hoffnung auf Fortsetzung lebt. Und die des Mannes, der viel zu sehr mit den eigenen Wunden befangen ist, um auf ihre sehnsuchtsvolle Nostalgie zu reagieren.

"Das Haus meines Vaters" ist ein Melo ohne Drama – und gerade deshalb so intensiv. Wüsts Film kommt mit wenig aus: wenigen Orten, wenigen Darstellern, wahrscheinlich auch mit wenig Geld. Doch von Zurückweisung und verpassten Gelegenheiten erzählt er so präzise, dass man eigene Erinnerungen zu spüren meint. Denn natürlich kennen wir alle diesen schönsten Tag des Sommers, der alles verspricht … und mit Tränen endet.
Maya McKechneay, sixpack film

"A man is sleeping in a car. A woman brings him coffee. Ludwig Wüst’s film 'My Father´s House' begins abruptly and takes its time in filling us in on the relationship of the two to each other, why the man and his Mercedes have been left stranded in the blossoming meadow, and why he can’t see the bright, shining summer. 'My Father´s House' is filmed in real time, meaning that the sixty-five minutes of filmed time correspond directly with the time frame that they represent. The filming was done in long takes. There are, as a rough estimate, barely a handful of cuts. Nonetheless, the story presents one large ellipse, orbiting around a past that gradually becomes tangible as the ghost of the house (Das Haus meines Vaters/My Father’s House) from the film’s title. Andi has returned to the village where he grew up to come to terms with the house of his deceased father—and with everything that took place inside.

The calm, hand-held camera shows a man and woman driving in a car, a walk through the dusty, low-ceilinged rooms, and a conversation on the terrace. The image seems to breathe, like an extra, anonymous presence. Perhaps the old love of the two lurks here, maybe a nightmare from Andi’s youth. Martina Spitzer and Nenas Smigoc improvise based on a screenplay by Ludwig Wüst. Their bodies and gazes tell of two views of reality that don’t coincide in the narrowest of spaces: that of the woman, whose love endures, with hopes of a continuation after ten years. And that of the man, who is much too occupied by his own wounds to react to her yearning nostalgia.

'My Father´s House' is a melo minus the drama—and that is exactly why it is so intense. Wüst’s film makes do with very little: just a few sites, actors, and probably also little money. But he tells so precisely of rejection and missed chances, that you feel as though you are tracing your own memories. After all, we all know that most beautiful of summer days, which promises everything … and ends in tears."
Maya McKechneay, sixpack films

"Ein Mann besucht, begleitet von einer ehemaligen Schulfreundin, das Haus seiner Kindheit. Eine einfache Geschichte, nah am Leben und doch völlig aus dem Alltag herausgerissen. Wie bereits in früheren Arbeiten setzt Ludwig Wüst in der Wahl seiner Mittel auch in 'Das Haus meines Vaters' auf Reduktion und Kompromisslosigkeit: Er geht von einem minimalen Zweipersonenensemble, einer absolut reduzierter Handlung und einem klar definierten Zeitrahmen aus, er dreht mit Handkamera und – abgesehen von der Eröffnungssequenz – in einer durchgängigen Einstellung. Die Begegnung und die Konfrontation mit der Vergangenheit sind dabei von einer Beiläufigkeit, der es nicht um die große Geste oder die Inszenierung einer Enthüllung geht. Vielmehr konzentriert sich Wüst in seiner ungemein präzisen Inszenierung auf eine tastende Annäherung, die auf einer alten, lange zurückliegenden Vertrautheit basiert, auf das Gespräch, auf Erinnerungen, Gesten und Blicke – und auf die Pausen. In einem verdichteten Moment erzählt er von großen Themen: von Heimat oder vielmehr von Heimatlosigkeit, von Familie, Identität, Einsamkeit, Verdrängung und von einem endgültigen Abschied. Getragen von Nenad Smigoc und der großartigen Martina Spitzer wird eine Vergangenheit nicht erklärt, sondern als der unsichere Grund spürbar, auf dem ein Lebensentwurf basiert.

Wüst entwickelt in 'Das Haus meines Vaters 'eine völlig konzentrierte, persönliche Erzählung ohne jede Effekthascherei oder unnötiges Beiwerk, die in ihrer genauen Beobachtung unaufgeregt und gleichzeitig schmerzhaft berührend ist. Ein überraschender, eigenwilliger Film von großer Sogwirkung und Überzeugungskraft, ein wichtiger Moment in Ludwig Wüsts filmischer Biographie."
Barbara Pichler, Diagonale


"Gelobt seien ... die durchdachten Wege, die der Regisseur durch das Haus wählt."
Sabrina Mrasek, Frankenpost, Hof, 25. Oktober 2013


"Ein Lehrbeispiel intelligenten, auf den Punkt gebrachten Filmemachens."
Andreas Ungerböck, Ray 05/13
Hier zum gesamten Artikel.


... famos gespieltes Minimalismuskino, das gerade durch seine reduzierte Handlung eine starke Sogwirkung entfaltet.
Matthias Greuling, Wiener Zeitung, Wien, 15. März 2013


...beiläufig unheimliches Zweipersonenstück
Christoph Huber, Die Presse, Wien, 16. März 2013


Packend unaufgeregt.
Kleine Zeitung, Graz, März 2013


... der unverwüstliche Ludwig Wüst berührt und verblüfft im Spielfilmbereich mit Das Haus meines Vaters, einem Zwei-Personen-Stück in einzigartiger One-Take-Suchbewegung.
Andrey Arnold, movienerd.de, Graz, 14. März 2013

Andrey Arnold hat anlässlich der Uraufführung von "das Haus meines Vaters" ein Interview mit Ludwig Wüst geführt und veröffentlicht nun auch erstmals ein älteres Interview über TAPE END. Zu den Interviews.


Hier wird Avantgarde gezeigt. Unaufgeregt erzählt dieser kleine Film von den großen Themen Einsamkeit, Herkunft, Verdrängung und Neubeginn und schafft es, im positivsten Sinn nachdenklich zu machen.
Simon Hadler, ORF.at, 17. März 2013


... best Film shown during the whole festival (Diagonale).
Règles de l'Art, Graz, März 2013


Andrej lives in Frankfurt. A phone call leads him back to the place of his childhood, to his father’s house. A hand-held camera provides an almost continuous shot of a visit to his childhood home, which becomes an uncertain search for his roots. We learn about the past through his verbal exchanges with a former female classmate, but even more is revealed through the unspoken – gestures, conversation lulls. A film about directness that is absorbing yet subtle. 

Ein Mann, Andrej, wird geweckt. Er hat die Nacht im Auto am Straßenrand verbracht. Aus Frankfurt ist er an den Ort seiner Kindheit zurückgekehrt, in das Haus seines Vaters, das er nun mit einer ehemaligen Schulfreundin aufsuchen wird. Was folgt, ist Smalltalk: über das Wetter, Befindlichkeiten. Erst nach und nach dringt der Dialog der beiden einzigen Protagonist/innen in die Tiefe. Das Haus meines Vaters ist eine Spurensuche mit ungewissem Ziel. Das Vergangene vermittelt sich über den Dialog, viel mehr aber noch über das Dazwischen – Gesten und Gesprächspausen. Selbst im Inneren des Hauses gibt der schwache Lichtkegel der Taschenlampe nur langsam die Sicht auf das Interieur frei.

Irgendetwas eint Andrej und seine Begleiterin, und doch sind sie sich fremd. „So richtig hast du unsere Sprache nie gelernt“, meint sie. Am Ende wird Andrej fahren – und niemals wiederkehren. Ein weiteres Beispiel für Ludwig Wüsts kompromisslose Filmsprache, eine Übung in Unmittelbarkeit, gefilmt mit Handkamera in einer beinahe durchgängigen Einstellung.
Sebastian Höglinger, Diagonale, Graz, März 2013

Man muss bei Ludwig Wüst unbedingt auf den Text achten, denn neben allen formalen Überlegungen ... ist er auch ein brillanter Autor.
Andreas Ungerböck, Ray, September 2014


Again Wüst is producing a documentary-like atmosphere, a certain sadness but also a certain relief in the end. And again he stirred up the audience.
desistfilmblog, Graz, 29. März 2013


Ludwig Wüst gehört zu Österreichs mutigsten Filmemachern. ... profil-Fotografin Monika Saulich hat den Regisseur gemeinsam mit Martina Spitzer, der Hauptdarstellerin des jüngsten Wüst-Films, „Das Haus meines Vaters“, im Wiener Stadtkino getroffen – jenem Ort, an dem sich Ludwig Wüst einst zum Cinephilen ausgebildet hat.
profil, Wien, 29. März 2013


Das Haus meines Vaters ist die wohl bislang zugänglichste Arbeit Ludwig Wüsts. Die legere Erzählstruktur, die ländliche Kulisse und besinnliche Atmosphäre gehen nicht unbedingt auf Konfrontationskurs mit dem Zuschauer. Doch im Vergleich zu Zwei Frauen oder Koma, in denen es um die Verarbeitung von Traumata ging und Zeit letztlich ein heilsamer Faktor war, hinterlässt einen dieses Werk mit einem schmerzlichen Bewusstsein von Vergänglichkeit – obwohl er derselben als unverfälschtes Dokument einer bestimmten raum-zeitlichen Konstellation entgegenwirkt. Nicht zuletzt ist er jedenfalls das Zeugnis eines formidablen Schauspielduetts: Nenad Šmigoc und Martina Spitzer meistern die Erfordernisse eines Präzisionsdrehs, ohne etwas an Natürlichkeit einzubüßen, und bleiben dabei offen für die Launen des Zufalls, die den eigentümlich lebhaften Zeitkapsel-Charakter des Films noch verstärken.
Andrey Arnold, movienerd.de, Wien, 3. April 2013


Sie gehörten zu den vieldiskutiertesten Arbeiten der beiden letzten Diagonale-Ausgaben: die experimentellen kurzen Spielfilme von Ludwig Wüst, der, vom Theater kommend, die Intensität von Einaktern zu übertragen versucht. Der Verzicht auf Vorhänge bzw. Schnitte lenkt alle Aufmerksamkeit auf Intensität und Timing des Schauspiels. Tape End führt bei starrer Kamera in eine Casting-Situation, die in ein wildes Psycho-Duell ausartet; in Das Haus meines Vaters wird mit einer fließenden Kamera à la Hitchcocks "The Rope" die Wiederbegegnung mit einem ländlichen Kindheitsschauplatz ausgelotet. derstandard.at, Wien, 3. April 2013


Although it treats the unnerving topic of addressing past accounts, the film seems rather to work with suggestion and an air of serenity that gradually give rise to more concrete information. Employing a unique perspective, this evocative and distinctive picture doesn´t seek to uncover hidden interests and subtexts – it “simply” allows time to flow by, without resorting to explicit dramatic effects. In their absence, even the impression of solitude is merely intuited, but extremely tangible nevertheless. The movie, which evokes the uncomfortable feeling that we’re home yet at the same time we feel out of place, was shot in real time with a significant dose of actor improvisation. And the role played in the story by the eponymous old house is far from negligible.
Karlovy Vary International Film Festival, June 2013


'Das Haus meines Vaters' establishes a cinema of direct contemplation, smooth, recalcitrant, accurate, straight.
Barbara Wurm, Senses of Cinema, July 2013


Ein abgründiger Heimatfilm in Echtzeit: Ein Mann ist ins Dorf seiner Kindheit zurückgekehrt, um mit der Vergangenheit abzuschließen. Bei der Begehung des Hauses seines verstorbenen Vaters begleitet ihn eine alte Schulfreundin, die noch immer starke Gefühle für ihn hegt. Er ist zum Fremden geworden, sie ist dortgeblieben. Ihr ganz gegenwärtiger Rundgang durch das verlassene Heim – von Kameramann Klemens Koscher in einer einzigen, unaufdringlich virtuosen Einstellung eingefangen – wird zur Zeitreise: die Dinge des Lebens und die Schatten der Vergangenheit; geisterhaftes Dunkel, aus dem böse Erinnerungen aufsteigen, aber auch die Ahnung eines Jugendparadieses, ein paradise lost. Von fern einmal die Totenglocke, anderswo ein Lied: „Heute Nacht oder nie…“. Kontemplation des Unsagbaren auf dem Fundament einer präzis beobachteten Alltagsgeschichte und komplex entwickelten Charakterstudie. Jede kleine Geste, jeder Blick der superben Schauspieler zählt.
Christoph Huber, Filmmuseum, Wien, August 2014


'Das Haus meines Vaters' rührt in minimalistischer Form, in einer einzigen, erneut ungeschnittenen, aber sehr beweglichen Einstellung, an existenzielle Grundsatzfragen.
Stefan Grissemann, Profil, Wien, 7. September 2014


Video-Interview mit Robert Buchschwenter, OKTO-TV, Wien, 23. November 2014

Blättern in der Erinnerung: Wüsts "Heimatfilm"

"Ein heiter gelassener Film, in dem Lachen und Wehmut ineinander verwoben sind wie die Vergangenheit in der Gegenwart. Ludwig Wüst, in Wien lebender Filmemacher, hält Rückschau, beruflich und privat. Sein neuer "Heimatfilm" gleicht einem Blättern in der Erinnerung:
Bilder aus dem Familienalbum, Super- 8- Aufnahmen der Mutter im Garten, der Videobrief eines alten Freundes aus Amerika, der durch sein Haus führt, und zufällig Beobachtetes wechseln mit Szenen, die Wüst heute zeigen am Donaukanal, bei der Tischlerarbeit, in der Straßenbahn oder spätnachts am Würstelstand. "Erfrisch dich hier" steht auf einem Plakat daneben.
Ein linker Film zur rechten Zeit, bedenkt man die Hochkonjunktur,
der sich der Begriff "Heimat" in der politischen Auseinandersetzung gerade wieder erfreut..."
Wienpremiere mit anschliessendem Publikumsgespräch im Österreichischen Filmmuseum.

Falterkritik, Michael Omasta

 

 

“...es gab auch brilliant Neues von Ludwig Wüst zu sehen, eine assoziativ zwischen Dokumentarismus und Fiktion in Schwebe gehaltene abendfüllende Arbeit”":”heimatfilm”...
Stefan Grissemann über die Diagonale 2016, Profil

 

Diagonale: Verschwunden, aber nicht verloren
Dominik Kamalzadeh, Michael Pekler 11. März 2016

Filme über New York, künstlerische Provokation und das Erbe der Bauern: Gleich mehrere sehenswerte Arbeiten beschäftigen sich mit der Vergegenwärtigung von Vergangenheiten

Auf solche Konzentration antwortet Heimatfilm von Ludwig Wüst mit einem faszinierend assoziativen Labyrinth, das wiederholt überraschende Ausblicke freigibt. Das Familienalbum öffnet sich, Briefe an Verstorbene wie Verschwundene werden verfasst. Die Bilder der Geschwister, der Mutter und der weiteren Familie machen nach und nach auch entfernteren, ja erfundenen Figuren Platz, die jedoch ähnliche Fragen bewegen: Die Suche nach der eigenen Identität, das Unbehaustsein und die Neubestimmung führen zwangsläufig auf imaginäre Wege, zur Arbeit mit dem Medium Film.
(Dominik Kamalzadeh Michael Pekler, derstandard.at, 11.3.2016)

Where or what is home? Memories, photos, places? Or is it one’s personal roots, one’s own parents who define home? Can it be found in art? heimatfilm revolves around the term in a montage of personal signatures in which various ideas of home are exposed. Physically touching and intellectually complex, the search for home is tangible as an existentially exhausting process — the longing to say “I am …” using artistic means. 
Diagonale Katalog 2016

 

“Accattone in Austria: Der Filmemacher als geschundene Kreatur, zerrieben zwischen künstlerischem Anspruch und banaler Wirklichkeit, blättert im Album seiner Obsessionen. Einfühlsames Selbstporträt und konzentrierter Blick auf einen Alltag zwischen Schäbigkeit und Anmut.” 

Bernd Bremer, München

 

Wo oder was ist Heimat? Erinnerungen, Fotos, Orte? Oder sind es die persönlichen Wurzeln, die eigenen Eltern, die Heimat definieren? Ist sie in der Kunst zu finden? Heimatfilm umkreist den Begriff in einer Montage aus persönlichen Handschriften, in denen sich unterschiedliche Heimatvorstellungen offenbaren. Körperlich berührend und gedanklich komplex wird die Suche nach Heimat als existenziell anstrengender Prozess spürbar – die Sehnsucht „Ich bin …“ zu sagen mit den Mitteln der Kunst.

„Ich kann lesen.“ In ungeübter Handschrift baut sich dieser Satz Buchstabe für Buchstabe auf einem weißen Blatt Papier auf. Eintritt in das Symbolische, das der Film in Variationen des Begriffs „Heimat“ durchdenkt: Heimat steckt in Erinnerungen, in einem Fotoalbum und in alten Filmfragmenten. Sie bildet sich in einem Rundgang durchs Eigenheim ab oder wird durch ihre Abwesenheit präsent, durch „unheimelige“ Ersatzheimaten – den Park, den Puff, den Knast, das Altersheim, die Wüste. Körperliche Unbehaustheit und seelische Heimatlosigkeit. Zyklisch führt die Suche nach Heimat zurück an den Anfang, an den Ort der Herkunft, das Elternhaus, zu Vater und Mutter: „Des woar’s.“ Zu spät für Briefe, Beichten und Vergebung, alles weg – auf dem Friedhof, im Universum. Wo oder was ist Heimat? Obgleich Heimatfilm mit der Ästhetik von home movies kokettiert – durch mehr oder weniger verwackelte Handkameraaufnahmen – und durch Zooms und Schwenks eine sehr authentische, wahrhaftige und intime Sicht suggeriert, zeigt sich doch alles auch als durch und durch inszenierte Performance. Zwei Kamerablicke thematisieren das Private und Persönliche von Heimat – der subjektive, amateurhafte, das eigene Leben dokumentierende Blick und der überwachende, von oben herabschauende Blick, ex negativo als Eindringen ins Private. Es sind aber nicht nur Reflexionen des Filmemachers selbst, die den Begriff einkreisen. Mit Fortdauer des Films scheint die Bild- und Sinnproduktion vom Regisseur – der Figur des Regisseurs – regelrecht entkoppelt, und immer weitere, neue Ideen von Heimat verweben sich zu einer Montage von Handschriften. Heimatfilm ist echt und wahr und real und zugleich zutiefst formal gestaltet. Er atmet, keucht, seufzt und reflektiert, ist körperlich berührend und gedanklich komplex. Er macht die Auseinandersetzung des Künstlers mit Ideen von Vertrautheit, Herkunft und Heimat als existenziell anstrengenden Prozess spürbar – die Sehnsucht „Ich bin …“ zu sagen mit den Mitteln der Kunst.
mk, Diagonale Katalog 2016


Heimatfilm, das sind 18 Jahre Guerilla-Filmarbeit. Heimatfilm ist Resümee und Summe meiner langjährigen Filmarbeit, auch ein „Innehalten“, um vielleicht in eine völlig andere filmische Richtung weiterzugehen. Heimatfilm ist auch eine Zäsur, um einer Sehnsucht nachzugehen nach einem „Live“-Erlebnis, um wieder Theaterprojekte zu realisieren. Und last, but not least: Heimat Film – Film als Heimat … to be continued (zwei neue Filme sind in Arbeit).

Ludwig Wüst, Diagonale Katalog 2016

 

 

Was ist Heimat? Ein weites Land. Ein unbekanntes Land: „Heimatfilm“ von Ludwig Wüst beginnt mit einer Sequenz, in der eine Hand langsam einen Satz auf ein Blatt Papier schreibt. Etwas ungelenk noch, fügen sich die Buchstaben zu einer Aussage: „Ich kann lesen.“ Dann wird, unter der Ägide eines Mannes, vielleicht eines Lehrers, aus den Wörtern Sprache: „Ich kann lesen.“ Die Stimme, die den einfachen Satz mit russischem Akzent mühsam entziffert, gehört einer Frau, keinem Kind. Lesen, das ist geistige Heimat. Auch in der Fremde?
Ein zweiter Versuch in der folgenden Sequenz. Ein Fotoalbum wird durchblättert, die Stimme des Mannes, die wir schon gehört haben, erzählt dazu: „Dies ist… und dies… und das war, als…“ Jeder Name eine eigene Heimat. Die Stimme gehört einem „Ich“, das Heimat all dieser Erfahrungen ist. Gleichzeitig wird „Heimatfilm“ jetzt in der Filmgeschichte beheimatet: Die Schau der alten Fotografien erinnert an Edgar Reitz‘ „Heimat“.
„Heimatfilm“ ist ein Film im Versuchsstadium, auch das macht ihn so interessant. Ein besonders verletzlicher Film, verletzlich wie der Begriff „Heimat“, der in PEGIDA-nahen Zeiten so in Misskredit gekommen ist. Eine Versuchsanordnung: Was ist Heimat, was kann Heimat sein? „Andrew, I need your help“, schreibt eine Hand auf ein Blatt Papier. Es folgt eine Sequenz, in der jemand im Gehen den Bürgersteig einer Straße filmt. Subjektive Sicht, das allein ist schon Heimat: Zuhause im fremden Körper ist der Zuschauer hier. Die Kamera wandert den Weg entlang. Ein Vorort offenbar. Ein Haus, das betreten wird, eine Stimme, wohl die von Andrew, die kommentiert, benennt: Jede Bezeichnung ihre eigene Heimat. Am Ende stehen Autos, die Heimat der Reisenden.
In jeder Sequenz unternimmt der Film es aufs Neue, „Heimat“ zu definieren. Aber jeder Versuch muss scheitern. Jedoch jeder Versuch gelingt. „Heimat“, das ist der verlorene Vater, der zuerst in einer Storyboard-Sequenz, die live erstellt wird, auftaucht. Einem Mann wird gefolgt, immer wieder wird bei verschiedenen Gelegenheiten gefilmt: Bei der Arbeit. Einem Treffen im Park. Beim Besuch einer Peepshow. Und immer wieder gefilmt von Überwachungskameras, die allgegenwärtig sind: Auch das ist „Heimat“. Würstelstand. Und schließlich ein fensterloser Bau in der Dämmerung, in den der Mann zurückkehrt: Er ist ein Freigänger. Heimat hinter Gittern.
Heiraten, Freunde. Ein Pflegeheim. Oder die Begehung eines verlassenen Hauses. Das Gesicht einer Frau (Gina Mattiello), betrachtet wie ein Stillleben zunächst, bevor es beginnt, die Lippen zu bewegen: „Ich werde mich nicht vorstellen.“ Heimat im Unbekannten. Die Einstellung weist zurück auf Wüsts Film „Zwei Frauen“ aus dem Jahr 2006: Diese Sequenz, die dort nicht zu sehen gewesen war, hat Eingang in „Heimatfilm“ gefunden. Eine Einstellung der ägyptischen Wüste, gefilmt für „Bon Voyage“, wurde ebenfalls in die Textur von „Heimatfilm“ verwoben. Und „Renadde“, ein Charakter aus Wüsts „KOMA“ (2009), wieder kongenial dargestellt von Anke Armandi, hat auch einen Auftritt: Sie schickt ihren toten Eltern via YouTube eine „Botschaft ans Universum“. Am Ende stehen Aufnahmen von einem Gemüsemarkt.
Vielfältig und schillernd sind auch die Gestaltungsmittel des Films: Super 8, Überwachungskamera, subjektive und Digitalkamera, stillstehende und bewegliche Kamera, Fotografien in Schwarz-Weiß und Farbe, Jump Cuts, Schwarzbild. Die Heimaten der Kamera dieses Essayfilms sind so oszillierend wie seine Antworten auf die Frage, was denn Heimat sei. Und faszinierend in ihrer Fülle. Dazwischen immer wieder eine Hand, die auf ein weißes Blatt Papier schreibt: Die Buchstaben formen Wörter, was auf den Meister des Essayfilms, Chris Marker, hindeutet. Mit dieser Größe teilt „Heimatfilm“, dass er keine Antworten gibt – oder besser: Antworten werden gegeben, aber jede führt zu einer neuen Frage. Bis klar wird: „Heimat“ ist ein Mythos. Und, wie Roland Barthes schrieb: Alles kann Mythos werden. Und zur Heimat.

Otmar Schöberl, 2016